Rezension



Vorabdruck aus „Jahrbuch 167 / 2022“
der
„Gesellschaft für Landeskunde und Denkmalschutz Oberösterreich“ [home]

Erscheinungsdatum: Herbst 2022




Oliver Woog »Diese göttlichen Berge und Seen« Franz Schubert in einem Brief aus Steyr an Stiefmutter und Vater vom 25. oder 28. Juli 1825. Franz Schuberts Aufenthalte in Oberösterreich, Salzburg und Umgebung Augsburg 2021, 160 Seiten, Paperback, sehr zahlreiche Farb- und SW-Abbildungen, ISBN 978-3-9824191-1-4, Preis: € 25.-

Obwohl Linz und Steyr in allen Biografien Franz Schuberts eine wesentliche Rolle einnehmen, wird es überraschen, dass der Konzertgitarrist und Musikhistoriker Oliver Woog den Aufenthalten Schuberts im Land ob der Enns und in Salzburg einen eigenen Band gewidmet hat. Selbst ausgesprochene Schubert-Kenner haben wahrscheinlich nicht damit gerechnet, wie viel Neues der Autor in seinen jahrelangen Forschungen noch herausgefunden hat. »Diese göttlichen Berge und Seen« ist der zweite Teil einer sechsteiligen (!) Schubert-Topografie, die sämtliche Schubert-Stätten in Österreich und der Slowakei umfasst und sukzessive in Einzelbänden erscheint. Woog betont, dass es ihm dabei um die „Erhaltung und Würdigung von bestehenden Bauwerken und Orten sowie ein möglichst genaues Aufschlüsseln und Trennen von belegtem Wissen, unbelegten Überlieferungen und Unwahrheiten geht. Ursprünglich hatte er als Titel eine Textzeile aus dem Lied Der Wanderer D489 vorgesehen: »Ich komme vom Gebirge her«. Er dachte dabei an Schuberts große Reise von 1825, als der Komponist mit seinem Interpreten und Förderer Johann Michael Vogl von Oberösterreich über Salzburg in die Hohen Tauern kam. Woog verweist auf den nachhaltigen Eindruck, den das Gebirge bei Schubert hinterließ, hörbar verewigt in Werken wie Die Allmacht D852 oder der Großen Sinfonie in C-Dur D944. Es ist Sinnbild für den Einfluss, den die Stadt Salzburg, das Salzburger Land und vor allem Oberösterreich auf den Komponisten ausübten.

Das vorliegende Buch versteht Woog als Schubert-Reiseführer, aber auch als Nachschlagewerk, da sämtliche Aspekte und Beziehungen des Komponisten zu Oberösterreich und Salzburg untersucht wurden. In den Städten Linz, Steyr, Gmunden und Salzburg können Schubert-Wege beschritten werden, die in ihrem Umfang bisher nicht bekannt waren. Beispielhaft nennt er die etwa zwanzig (!) erhaltenen Häuser in Linz, die mit Schubert in Verbindung zu bringen sind, darunter auch jene der Familie Spaun, die ja aufs engste mit der Gründung des späteren Landesmuseums verbunden ist. Durch intensive Recherche konnte Woog nicht nur einige Schubert-Stätten neu entdecken, sondern auch vermeintlich verschwundene identifizieren. Mit welcher Akribie er seine Forschungen betrieb, lässt sich auch aus den zahlreichen Biografien erahnen, in denen er fast immer Korrekturen und Ergänzungen zum bisherigen Forschungsstand anbringen konnte. Besonders wichtig sind neben den vielen alten und neuen topographischen Ansichten auch die zahlreihen neu aufgefunden Porträts, in denen die beschriebenen Personen auch optisch lebendig werden. Darüber hinaus zitiert Woog ausgiebig aus Originaldokumenten und fügt ausführliche Quellenverzeichnisse ein, Zur optimalen Benutzbarkeit des Buches tragen die Chronologie und das Personenverzeichnis am Ende des Bandes bei.

Als einer der populärsten Komponisten war Schubert schon früh von Legenden umrankt. Der Weg aus dem Zwiespalt zwischen Gerücht und Fakt, den der Schubert-Forscher Otto Erich Deutsch Anfang des 20. Jahrhunderts durch seine Methode der Dokumentar-Biografie fand, war auch für Woog vorbildlich. Eine wesentliche Grundlage bildete für ihn auch das 1972 erschienene Buch »Schubert-Stätten« von Rudolf Klein, und natürlich all jene Forschungsergebnisse, die Walburga Litschauer, Rita Steblin, Michael Lorenz und Gerrit Waidelich in den letzten Jahrzehnten veröffentlicht haben. Einziger Wermutstropfen des Buchs ist die Kleinheit der Abbildungen, die hoffen lässt, dass Woog seine Ergebnisse einmal in repräsentativerer Form – und angesichts des weltweiten Interesses vielleicht auch in englischer Übersetzung – publizieren wird können.


Lothar Schultes, Linz  [wiki]